Arbeitsgruppe soll Details zu Photovoltaikanlagen klären

Eine Potenzialanalyse wurde im Gemeinderat am Montag ausgewertet. © Peter Jaschke

In Edingen-Neckarhausen soll in einer außerordentlichen Ratssitzung das Thema Photovoltaikanlagen auf Freiflächen geklärt werden

Auf dem im Gemeinderat beschlossenen Weg zur angestrebten Klimaneutralität im Jahr 2035 geht Edingen-Neckarhausen Schritt für Schritt weiter voran. „Weil das Thema Photovoltaik dafür extrem relevant ist“, wie Bürgermeister Florian König am Montagabend sagte, hatte dieser sogar eine außerordentliche Ratssitzung einberufen. Das komplexe Thema lasse sich „nicht in einer normalen Tagesordnung abhandeln“. Wie recht König damit hat, zeigten die vielen Fragen, die gut eine Stunde lang auf Klaus Keßler einprasselten, den Geschäftsführer der Klimaschutz- und Energie-Beratungsagentur im Rhein-Neckar-Kreis (KLiBA).

Zunächst ging es vor allem um Potenziale für Photovoltaikanlagen (PVA) auf Freiflächen. Genauer zu klären sind aber noch Details zu Beteiligungsmodellen, Kapazitäten des Stromnetzes, Netzeinspeisungspunkten, möglichen Flächen außerhalb der Gemarkung und zum Potenzial von Windkraft. In einer aus je einem Fraktionsmitglied bestehenden Arbeitsgruppe, die möglichst bis Mai 2024 zu belastbaren Ergebnissen kommen soll, wird nun weiter vorberaten. In den Entscheidungsprozess sollen die öffentliche Diskussion und die von solchen Eingriffen betroffene Landwirtschaft einbezogen werden. Für König gilt es vor allem zu vermeiden, dass Beteiligte grundsätzlich Ja zum Klimaschutz sagten, aber Maßnahmen vor der Haustür ablehnten.

Erhöhter Stromverbrauch

Eingangs dieser Ratssitzung machte KLiBA-Chef Keßler deutlich, dass sich der Stromverbrauch allein in Baden-Württemberg bis 2040 um fast ein Drittel auf 92 Terrawattstunden pro Jahr erhöhen werde. Da weniger fossile Energieträger verbrannt werden sollen, um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen, sei der zunehmende Stromhunger durch Sonne und Wind zu decken. „Wir müssen das Ausbautempo an entsprechenden Anlagen im Land um den Faktor vier erhöhen, um Öl und Erdgas zu ersetzen.“ Deshalb privilegiere der Gesetzgeber seit Februar PV-Freiflächenanlagen baurechtlich, wenn sie auf 200 Meter breiten Streifen bei Autobahnen und mehrgleisigen Schienenwegen des übergeordneten Netzes gebaut werden.

Um ihr Ziel zu erreichen, müsste die Doppelgemeinde laut Keßler 69 000 Megawattstunden Strom auf der Basis von erneuerbaren Energien produzieren. Laut zwei Potenzialanalysen sei Edingen-Neckarhausen in der Lage, auf Dachflächen 36 000 Megawattstunden Sonnenstrom zu erzeugen. Das bedeute: Selbst wenn alle Dächer mit PVA belegt würden, reichte dies nicht aus, um den prognostizierten Strombedarf zu erzielen. Auf den dafür privilegierten Freiflächen, wo ohne Bebauungsplanung nur mit einer Baugenehmigung PVA gebaut werden dürfen, bestehe ein Potenzial von etwa 150 000 Megawattstunden.

„Wir müssen also auch auf Freiflächen entsprechende Maßnahmen generieren und am besten in beiden Bereichen – auf den Dächern und im Außenbereich – gleichzeitig aktiv werden“, stellte Keßler fest. Es dürfe keinesfalls die Frage „Was machen wir zuerst“ geben. Die Doppelgemeinde verfüge insgesamt über 124 Hektar an geeigneten Flächen, wo Freiflächenanlagen ohne Restriktionen errichtet werden könnten. Davon seien aber nur 35 Hektar in Besitz der öffentlichen Hand und wiesen zugleich keine landwirtschaftlichen Spitzenböden auf, die es zu schonen gelte. Um die angestrebten 69 000 Megawattstunden zu erreichen, bräuchte man insgesamt 35 Hektar an Freiflächen.

Klimaforum am 26. September

Beispielsweise südlich der Autobahn und an der Grenzhöfer Straße hätte die Gemeinde direkten Zugriff auf geeignete Flächen. Acht Hektar sei die kleinste Größenordnung für eine Anlage, die man wirtschaftlich realisieren könne. Wesentlich und als Nächstes zu überprüfen sei aber eine möglich geringe Entfernung zum nächsten Netzanschlusspunkt. „Je größer die gefundene Fläche, desto eher finden sich Projektentwickler und desto besser ist das Verhältnis von Kosten und Nutzen“, so Keßler.

Gelegenheit zum Äußern konstruktiver Ideen gibt’s am Dienstag, 26. September, wenn das für alle Interessierten offene Klimaforum um 18.30 Uhr im Bürgersaal zum zweiten Mal tagt. Von Peter Jaschke

© Mannheimer Morgen| 19. September 2023