Sie informierten bei der Bürgerversammlung „Erneuerbare Energien in Eppelheim“ das Publikum in der Rudolf-Wild-Halle. Foto: Popanda
Bürgerversammlung „Erneuerbare Energien“ mit 130 Besuchern in der Rudolf-Wild-Halle – Fragen belegen großen Klärungsbedarf
Eppelheim. (pop) Allen, die bei der Bürgerversammlung „Erneuerbare Energien in Eppelheim“ das Wort ergriffen, schien klar zu sein: Da muss sich etwas tun. Doch was diesbezüglich in Angriff genommen werden sollte – das ist eher offen. Dementsprechend stellte Bürgermeisterin Patricia Rebmann gleich zum Versammlungsauftakt mit Blick auf die erneuerbaren Energien die folgende Fragen: „Was wäre möglich?“ Und, vor allem: „Was hätte es für Folgen?“
Dr. Klaus Keßler von der Klimaschutz- und Energieberatungsagentur (Kliba) erklärte, die Klimakrise sei in vollem Gange und das „globale Temperaturziel von Paris von deutlich unter zwei Grad Celsius muss eingehalten werden“. Erreicht werden könne dies nur so: „Weg von fossilen Brennstoffen, hin zu erneuerbaren Energien und mehr Energieeffizienz.“ Exakt in diese Richtung müssten jetzt die Weichen gestellt werden, so Keßler. Um den bisherigen Energieverbrauch in den drei Sektoren Verkehr, Wärme und Strom deutlich zu verringern, ist laut Keßler eine Steigerung der Energieeffizienz unabdingbar. Ebenso erforderlich sei dann die Deckung des verbleibenden Energiebedarfs durch direkt einsetzbare regenerative Energie wie Solarthermie und Wärme aus Biomasse sowie erneuerbaren Strom aus Sonne und Wind.
Am Beispiel Baden-Württembergs nannte er auch konkrete Zahlen: So müsse die bislang hier installierte Leistung aus erneuerbaren Energien von 10,4 Gigawattstunden bis 2040 verfünffacht werden – und zwar bei der Energie aus Photovoltaik von 6,9 auf 38,7 und bei der Windenergie von 1,6 auf 11,5 Gigawattstunden. Unterm Strich sind in seinem auf die Stadt Eppelheim bezogenen Szenario „Endenergieverbrauch 2040“ die aktuell noch großen Posten Heizöl, Erdgas und Kraftstoffe überhaupt nicht mehr enthalten.
Zahlen lieferte Keßler aber auch zum Eppelheimer „Potenzial zur erneuerbaren Energieerzeugung: Seit 2020 seien auf diese Weise 3740 Megawattstunden im Jahr erzeugt worden, doch belaufe sich das Potenzial vor Ort auf 46 767 Megawattstunden jährlich, zu der die Photovoltaik auf Dachflächen 37 598, jene auf Freiflächen 8546 und Energie aus Biomasse-Kraft-Wärme-Kopplung 623 Megawattstunden beisteuern könnten.
Dass der Kliba-Chef unmittelbar danach auf das Photovoltaik-Freiflächenpotential“ zu sprechen kam, begründete er damit, dass die Dachflächen für den notwendigen erneuerbaren Strom nicht ausreichend seien.
Im Detail ins Spiel brachte Keßler eine elf Hektar große Fläche direkt östlich der Autobahn 5 (A 5) zwischen der Leonie-Wild-Straße und dem Oftersheimer Weg. Dies rief prompt Simon Stephan als Sprecher für die Landwirte auf den Plan.
Stephan hielt zunächst fest, dass in Eppelheim von der Stadtgesamtfläche von 500 Hektar 250 bebaut seien und 40 landwirtschaftlich nicht nutzbar. Die restlichen 210 Hektar würden von neun Haupterwerbsbetrieben und diversen Nebenerwerbsbetrieben bewirtschaftet.
Produziert würden auf diesem Terrain, das 80 Bodenpunkte aufweise, zu über 80 Prozent hochwertige Lebensmittel. Bodenpunkte sind in Deutschland ein Index, der die Qualität von Ackerflächen von 1 „Sehr schlecht“ bis 100 „Sehr gut“ bewertet. Die Freifläche entlang der A 5, fuhr Simon Stephan fort, weise sogar über 80 Bodenpunkte auf und sei somit „fruchtbarste Erde“. Und er habe mit der Gesellenprüfung einen Eid abgelegt, den „Boden zu schützen“.
Allerdings könnte es für die Eppelheimer Landwirte schon eine „ganz interessante Geschichte“ sein, einmal über „Agri-Photovoltaik“ nachzudenken. Letztere bezeichnet ein Verfahren zur gleichzeitigen Nutzung landwirtschaftlicher Flächen für die Nahrungsmittelproduktion wie auch für die PV-Stromerzeugung.
Inhaltlich in die von Christian Scharff vom SWR sachkundig und engagiert moderierte Versammlung brachten sich auch noch der städtische Umwelt- und Naturschutzbeauftragte Benedikt Seelbach sowie Silvia Weiß und Thomas Rink von der lokalen „Zukunftswerkstatt Klima“ ein. Und schlussendlich machten auch die Versammlungsgäste mit ihren Meinungen und Fragen deutlich, dass in Sachen „Erneuerbare Energien in Eppelheim“ in der Tat noch jede Menge Klärungsbedarf besteht.
RNZ, Ausgabe Region Heidelberg 03.02.24