Über die Möglichkeiten, Wohnhäuser klimagerecht zu sanieren, informieren die Mitarbeitenden der KLiBA die Brühler im Projekt „GUT SANERT?!“. Bild: Beate Friedetzki
Klimaschutz: Im Rathaus startet die Auftaktveranstaltung zur Aktion „Gut saniert“ der KLiBA
Von Stefan Kern
Brühl. Bis 2045 soll das Land klimaneutral sein. Und ein gewaltiger Hebel auf dem Weg zu diesem Ziel findet sich im Bereich Gebäude. Denn der Gebäudesektor steht für ungefähr 35 Prozent des Endenergieverbrauchs und etwa 30 Prozent aller Kohlendioxid-Emissionen des Landes, hieß es bei einem Vortrag Klimaschutz- und Energie-Beratungsagentur (KLiBA) im Brühler Rathaus.
Dabei ist es in der Theorie einfach, diese Verbräuche und die Emissionen zu senken. Die Gebäudehülle dämmen und das Heizsystem auf regenerativ umstellen. Doch dahinter verbirgt sich eine gewaltige Aufgabe. Laut einer Studie des Münchner Beratungsunternehmens „S&B Strategy“ aus dem vergangenen Jahr finden sich im Bereich Wohnen in Deutschland rund 15,7 Millionen Gebäude, die vor 2001 errichtet wurden und damit potenziell sanierungsbedürftig sind. Dazu kämen noch rund 1,7 Millionen Nicht-Wohn-Gebäude.
Klima und Geldbeutel schonen
Die Aufgabe ist riesig. Die Kosten schätzen die Experten auf rund 1,2 Billionen Euro und der Fachkräftemangel im Handwerk dürfte die Aufgabe nicht leichter machen. Aber, und daran lässt Walter Orlik von der KLiBA beim Vortrag im Brühler Rathaus keinen Zweifel aufkommen, es sei trotzdem einer der besten Hebel für den Bürger das Klima zu schützen sowie Ressourcen und den Geldbeutel zu schonen.
Weil die Aufgabe beachtliche Ausmaße hat, startete die KLiBA unter dem Titel „Gut saniert“ im Rhein-Neckar-Kreis eine Aktionsreihe zur energetischen Sanierung. Der erste Teil war dieser Vortrag im Rathaus. Im September folgt dann im Rahmen eines Tages der offenen Tür eine Art Praxisansicht von Häusern, die energetisch saniert wurden, und im November sollen dann konkrete Hilfen und praktische Tipps für einen individuellen Sanierungsstart präsentiert werden. Orlik bringt es auf die Formel: Anhören, Anfassen und Anfangen.
Fernwärme und Wärmepumpe
Bei seinem Vortrag ging Orlik auf die beiden großen Hebel ein, um die Energiewende im Gebäudebereich umzusetzen. Da geht es zum einen um das Dämmen der Hülle und zum anderen um eine regenerative Energieversorgung. Fossile Energieträger haben in den Augen des KLiBA-Mannes keine Zukunft mehr. Schon ab 2027 wird das Heizen mit Erdgas oder Öl deutlich teurer, da der Gebäudesektor in den europäischen Emissionshandel aufgenommen wird. Das heißt, je schneller man auf Fernwärme oder Wärmepumpe umsteigt, desto besser.
Genauso wichtig sei aber auch die Gebäudehülle. Dabei unterteilt Orlik die Hülle in vier Teile. Das Dach, die Außenwände, Fenster und Türen sowie den Keller. Über ein ungedämmtes Dach gehen bis zu 17,5 Prozent der Wärme verloren, über die Außenwände 25 Prozent, Türen und Fenster 15 und über den Keller fünf Prozent. Und in allen Bereichen könne viel getan werden. Im besten Fall würden die Wärmeverluste fast komplett unterbunden.
Mit zwei Zentimeter dickem Dämmstoff erreiche man eine Dämmwirkung, die eine etwas über einen Meter dicke Betonwand schafft. Dabei betonte Orlik, dass nicht gleich alles gedämmt werden müsse. Jeder einzelne Hüllenteil mache einen Unterschied. Auch nur schon eine Außenwand zu sanieren, bedeute weniger Wärmeverlust und mehr Wohnkomfort.
Bei der Wärme gebe es mit Wärmenetzen und Wärmepumpe zwei große Strategien. Erwähnt werden auch Biomasse und Wasserstoff, so[1]wie Solarthermie. Letztes funktioniert aber mehr für Warmwasser als für die Heizung. Und auch Biomasse und Wasserstoff seien bis dato nicht die große Lösung für die Masse.
Ganz anders die Fernwärme – wo ein Anschluss in Brühl möglich ist – und die Wärmepumpe. Kaum eine Technologie sei bei der Wärmeproduktion so effektiv wie die Wärmepumpe. Und wenn sie dann noch mit einer Photovoltaikanlage (PV) gekoppelt wird, ist sie auch in Sachen Nachhaltigkeit unschlagbar. Den Bereich PV-Anlage streifte Orlik nur kurz. Betonte aber, dass sie verbunden mit einem Speicher enorm effizient sei.
Förderungsinstrumente der KfW
Die Technik für das Ziel der Klimaneutralität ist da. Jetzt müsse man mehr ins Tun kommen. Und auch dabei hilft der Staat. Über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gebe es zahlreiche Förderinstrumente, die dabei helfen, die energetische Sanierung zu stemmen. Sie laufen unter anderem unter dem Kürzel BEG, was für Bundesförderung Effiziente Gebäude steht. Bei der Gebäudehülle sind es jährlich 15 Prozent von maximal 30.000 Euro. Falls es einen Sanierungsplan gibt, sind es pro Jahr 20 Prozent von maximal 60.000 Euro.
Und bei der Heizungsumstellung beläuft sich die Förderung auf 30 bis 70 Prozent bei 30.000 Euro. Natürlich, das weiß Orlik, stemme man das nicht einfach so. Aber wenn Sanierungen ohnehin anstünden, lohne sich diese Investition mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit.
Weitere Informationen gibt es unter www.kliba-heidelberg.de/effizient-saniert/ und bei der KLiBA-Sprechstunde im Rathaus, die alle 14 Tage donnerstags zwischen 15 und 17 Uhr ist.
Schwetzinger Zeitung, | 3. April 2025