Spatenstich beim Neubau des Nahwärmenetzes in Heddesheim

EU fördert Projekt – Deutliche CO2-Reduzierung ab 2023

Heddesheim. (keke) Weniger als 100 Tage vor dem Ende seiner Amtszeit geht Bürgermeister Michael Kessler für Heddesheim noch einmal in die Vollen. Mit dem ersten Spatenstich für das Zukunftsprojekt Neubau eines Nahwärmenetzes im Sportzentrum erfüllt sich für Kessler nicht nur ein persönliches „Herzensprojekt“. Es stellt gleichzeitig den bisherigen Höhepunkt des Engagements der Kommune in Sachen Klimaschutz dar. Dass es „so schnell gehen“ würde, überraschte aber auch das Ortsoberhaupt.

Zwar gehen die ersten Überlegungen, Diskussionen, Wirtschaftlichkeits- und Machbarkeitsstudien für ein derartiges Vorhaben bereits bis ins Jahr 2019 zurück. Doch erst ein Anruf des Geschäftsführers der Klimaschutz- und Energieberatungsagentur Heidelberg (Kliba), Klaus Keßler, zwei Tage vor Weihnachten 2020 „elektrisierte“, so Kessler.

„Zur Durchführung des Projekts gibt es finanzielle Fördermittel von bis zu 80 Prozent der Fördersumme vonseiten der Europäischen Union“, so seinerzeit Keßler. Der Haken: Zur Durchführung gibt es nur eine kurze Antrags- und noch kürzere Umsetzungsfrist. Für Kessler, die Heddesheimer Verwaltung und den Gemeinderat stellte dies aber keinen Hinderungsgrund dar.

Innerhalb von vier Wochen lag eine umfangreiche Projektskizze auf dem Tisch. Weitere Herausforderung: Um in den Genuss der Fördermittel zu kommen, muss das Projekt zum 31. Dezember 2022 abgeschlossen sein. Im Geschäftsführer der Stadtwerke Viernheim, Ralph Franke, sowie Jochen Ohl von der Firma 3P Energie Plan Viernheim, fand Kessler ausgewiesene Experten in Sachen Fernwärme und Wärmenetze.

Als weitere Verbündete holte sich Kessler die Landwirte Christian Bach, Steffen Bach und Jürgen Schaaff ins Boot, die „mit Mut und Weitsicht“ bereits seit einigen Jahren in der Brunnenwegsiedlung eine Biogasanlage zur Wärmegewinnung betreiben. Durch die Nutzung der dortigen privaten Anlage sowie eigener kommunaler Anlagen können ab 2023 jährlich rund 3,1 Millionen Kilowattstunden fossile Brennstoffe ersetzt und damit auch deutliche CO2-Einsparungen erreicht werden.

Beim Spatenstich nun geht es um nicht weniger als, das komplette kommunale Stromnetz im Sportzentrum neu aufzubauen, neue Trassen zu verlegen, diese mit einem modernen Glasfasernetz auszurüsten sowie eine Freilandanlage außerhalb des Stadions anzulegen. Finanzielles Volumen des Gesamtpakets: Fünf Millionen Euro. Auf knapp 1,7 Millionen Euro beläuft sich die EU-Förderung.

„Damit wird rund, dass wir uns bereits seit Jahren strategisch mit dem Projekt Klimaschutz als wegweisendes Vorhaben beschäftigt haben“, sagte Kessler. Spätestens zum 31. Dezember dieses Jahres werde die Wärme, wenn zunächst auch nur in die Netze der kommunalen Gebäude und erst in einem zweiten Schritt dann auch durch die Netze der Vereine fließen, gab sich Kessler optimistisch.

In Heddesheim finde man die seltene Situation vor, dass verschiedene kommunale und vereinsinterne Einrichtungen auf einem zusammenhängenden Areal gebündelt sind. Dies ermögliche eine Nutzung über die gesamte Fläche hinweg, so Gerold Ebert von den BIT-Ingenieuren Karlsruhe. Durch die Biogasanlage als Fernwärmeleitung und die bestehenden kommunalen Kraftwärme-Koppelungsanlagen ergebe sich in deren Zusammenspiel eine Mischform und funktionierende Einheit. Insgesamt werden in den neun Monaten Bauzeit mehr als 2600 Meter kunststoffummantelte KMD-Rohrleitungen verlegt.

Rund 80 Prozent der Abwärme kommen künftig aus der Biogasanlage als regionalem Produkt, nannte 3P Energie-Plan Geschäftsführer Jochen Ohl weitere Details. Damit ersetze man Erdgasheizungen nicht nur unter klima-, sondern auch unter geopolitischen Aspekten und reduziere die Abhängigkeit von Gasimporten. Die im Hallenbad installierten Gaskessel decken darüber hinaus bei Bedarf erforderliche Spitzenlasten ab.

In einem weiteren Schritt könnte zusätzlich an der Kunsteisbahn erzeugte Abwärme eingebunden werden.

© Rhein-Neckar Zeitung | Region Heidelberg | 2. März 2022