Zur Umstellung der Wärmeversorgung bis 2040 liegen bereits Fakten vor. Foto: Paul
Zweite Öffentlichkeitsbeteiligung der freiwilligen kommunalen Wärmeplanung – Erkenntnisse gewonnen und Strategien entwickelt Von Meike Paul
Neckargemünd. Bürgermeister Jan Peter Seidel ist sicher: „Wir bieten Ihnen mit der freiwilligen kommunalen Wärmeplanung eine Orientierung und wichtige Grundlage für Ihre individuellen Entscheidungen.“ Die Stadt hatte alle Bürger zur zweiten Öffentlichkeitsbeteiligung in die Aula des Schulzentrums geladen. Dabei sollten die gewonnenen Erkenntnisse und abgeleiteten Strategien zur Umstellung der Wärmeversorgung bis 2040 vorgestellt werden.
Im Dezember 2023 hatte die Stadt Neckargemünd gemeinsam mit den Gemeinden Mauer und Wiesenbach das Planungsunternehmen GEF Ingenieur AG aus Leimen mit dem Prozess zur Erstellung der freiwilligen kommunalen Wärmeplanung beauftragt. Nun war die Projektleiterin Madeleine Schultz gekommen, um das Klimaschutzziel der klimaneutralen Wärmeversorgung aufzuzeigen und sich den Fragen der Bürger zu stellen. An ihrer Seite auch die Energieberaterin der Klimaschutz- und Energieberatungsagentur Heidelberg, Mara Muth, der kaufmännische Geschäftsführer der Stadtwerke Neckargemünd, Jörg Vogt, der Kommunalmanager des Stromnetzbetreibers Syna, Andrea Boin, sowie die Klimaschutzbeauftragte Susanne Kurch, die immer wieder ihre Dienste in einer individuellen Beratung anbieten durfte. Durchs Programm führte Max Peters vom Ingenieur-Büro.
Zum Ziel hatten sich die Anwesenden gesetzt, Eignungsgebiete für Wärmenetze und Einzelheizungen auszuweisen. Dazu wurde die Baumasse erfasst. Auf einer Landkarte wurde verdeutlicht, um welche Baualtersklassen es sich in der Stadt handelt. Dabei wurde deutlich, dass mehr als 75 Prozent der Gebäude vor 1985 errichtet wurden und deren Sanierung den Wärmebedarf absenken wird. Etwa 40 Prozent der Feuerstätten seien über 25 Jahre alt und hätten Erneuerungsbedarf. Etwa zu gleichen Teilen wird mit Erdgas und Heizöl geheizt: Über 85 Prozent nutzt fossile Brennstoffe. Nur ein Bruchteil ist – vor allem in den 2010er Jahren – auf Biomasse umgestiegen. Die GEF konnte außerdem aufzeigen, dass der Endenergiebedarf der Wärme bei insgesamt circa 135 000 MWH/a (Megawattstunden pro Jahr) liegt. Die Agentur geht von einem Wärmebedarfsrückgang von etwa neun Prozent bis 2030 aus, plant also dann mit 123 000 MWh/a, bis 2040 soll dies weiter schrumpfen.
Angenommen werden 107 000 Mwh/a. Im Ortskern wird eine langfristig höhere Wärmedichte erwartet. Im Außenbereich nimmt diese erkennbar ab. Für die Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung wurden Einzelmaßnahmen in Form von Steckbriefen gemeinsam mit der Stadt Neckargemünd erarbeitet. Alle Maßnahmen sind dabei einer Prioritätsstufe eins oder zwei zugeordnet. Der zeitliche Rahmen, in dem die Realisierung stattfinden soll, wird ebenfalls angegeben. Er kann kurzfristig also in den beiden Folgejahren oder mittelfristig für 2027 bis 2039 vorgesehen sein. Aufgrund des einerseits hohen Zeitdrucks bei der Bekämpfung des Klimawandels und der Zeit, welche die Umsetzung vieler Maßnahmen in Anspruch nehmen wird, sollte der überwiegende Teil der Maßnahmen auf Empfehlung im kurzfristigen Zeithorizont begonnen werden.
Insbesondere bei Maßnahmen, welche den Bereich „Gebäude“ – und damit die Bürgerschaft, Wohnbaugesellschaften und das Handwerk – umfassen, soll auf die Unterstützung und Beratungsangebote der Klimaschutz und Energie-Beratungsagentur Heidelberg-Rhein-Neckar-Kreis gGmbH (KLiBA) zurückgegriffen werden.
Das Schulzentrum spielt beispielsweise eine zentrale Rolle innerhalb der Stadt Neckargemünd und ist einer der größten Energieverbraucher in der Kommune. Im Zuge der Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung soll die Schule energetisch saniert werden, um Kohlendioxid-Emissionen zu reduzieren und Energiekosten nachhaltig zu senken. Grundlage hierfür soll eine Studie zur Überarbeitung des Passivhauskonzepts des Schulzentrums sein. Im Rahmen einer energetischen Analyse wurde die Effizienz der bestehenden Heizungs-, Lüftungs- und Beleuchtungssysteme bewertet. Ausstehend sind Untersuchungen der baulichen Gegebenheiten wie Dämmung, Gebäudehülle und Fenster. Bei der Heizanlage soll die bestehende Nutzung erneuerbarer Energiequellen erweitert werden. Die Integration eines modernen, intelligenten Heizungssteuerungssystems soll zudem in Zukunft für eine bedarfsgerechte und effiziente Beheizung des Schulzentrums sorgen.
Bei der Erstellung des Konzeptes soll auch eine Einbindung des Schulzentrums in ein Wärmenetz geprüft werden. In den Eignungsgebieten mit Fokus auf dezentrale Wärmeversorgung besteht grundsätzlich die Möglichkeit, die Option gemeinsamer Wärmeversorgung in der Nachbarschaft zu prüfen.
Anstelle von vielen dezentralen Heizsystemen kann in solchen dichter bebauten Gebieten der Stadt eine so genannte Blockversorgung mit Gebäudenetzen erfolgen. Die Stadt Neckargemünd prüft Fördermöglichkeiten für Pilotprojekte zur Blockversorgung auf Landes- und Bundesebene. Zudem prüft die Stadt, ob und gegebenenfalls welche finanziellen Möglichkeiten sie hat, um Pilotprojekte in Neckargemünd zu initiieren, auf Gebäudeeigentümer gezielt zu zugehen und zu unterstützen, zum Beispiel bei der Umstellung auf eine erneuerbare Wärmeversorgung.
Hierzu sollen gezielt die Kooperation zu Verbänden, zum Beispiel „Haus & Grund“, gesucht und Schwerpunkte – insbesondere in den Ortsteilen Neckargemünds – gelegt werden. Manche Gebäude sollen auf einen Heizungstausch durch Absenkung der Heiztemperatur vorbereitet werden, denn oftmals kommt ein Kesseltausch überraschend und schnelle Lösungen müssen gefunden werden.
Der Einsatz von erneuerbaren Energieträgern, maßgeblich mit dem Einsatz von dezentralen Wärmepumpen, ist mit geringeren Heiztemperaturen („Niedertemperatur ready“) effizienter möglich. Geeignete vorbereitende Maßnahmen am Gebäude, wie Dämmung der Außenwand und des Hausdaches, der Austausch von Heizkörpern oder ein hydraulischer Abgleich, erlauben dann beim Kesseltausch einen effizienteren Einsatz von gesetzeskonformen (GEG) und klimafreundlichen Wärmeversorgungssystemen. Das Konzept sieht außerdem erneut eine Klimamesse als Kombination aus Fachmesse und Rahmenprogramm mit Vorträgen, Diskussionsrunden und Aktionen für 2026 vor. Dabei sollen Aspekte in den Mittelpunkt gerückt werden, die durch das Inkrafttreten des GEG für Gebäudebesitzer wichtig sind. Dadurch sollen Hausbesitzern Unterstützungsangebote an die Hand gegeben und Fragen beantwortet werden. Es wurde betont, dass aus Zuordnung zum Wärmenetz-Eignungsgebiet aus dem Wärmeplan für Gebäudeeigentümer keine Verpflichtung, sich an ein Wärmenetz anzuschließen, entsteht.
Info: Der Entwurf des Wärmeplans kann im Rathaus immer montags bis freitags von 10 bis 14 Uhr und unter www.neckargemuend.de/waermeplanung eingesehen werden. Fragen und Hinweise sind bis 22. November per E-Mail an waermeplanung@neckargemuend.de möglich.
RNZ, Region Heidelberg, 31.10.24