„Ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz“

Bürgermeister Stefan Schmutz freute sich über das große Interesse an Photovoltaik: 80 Prozent der Veranstaltungsteilnehmer wollen sich kurzfristig eine solche Anlage zulegen. Foto: Sturm

Sehr guter Zuspruch im Domhofsaal bei Photovoltaik-Vortrag in Ladenburg – Altstadtsatzungsänderung wird diskutiert

Von Axel Sturm

Ladenburg. Es sei nur Zufall, dass in Ladenburg an zwei aufeinanderfolgenden Tagen das Thema Photovoltaik (PV) thematisiert wurde, betonte Bürgermeister Stefan Schmutz am Dienstag in seinem Grußwort zur Veranstaltung „Klimaschutz mit Ah – PV in Ladenburg“, zu dem das Deutsche Wirtschaftsministerium in den Domhof eingeladen hatte. Nur einen Tag später diskutierten die Mitglieder des Technischen Ausschusses über einen gemeinsamen Fraktionsantrag (die RNZ berichtete). Die Fraktionen fragen sich, wie es gelingen kann, PV-Anlagen oder andere Optionen auch in der Ladenburger Altstadt zuzulassen.

Der Bürgermeister hat hierzu eine klare Meinung. „In Zeiten wie diesen geht es nicht mehr um das ,ob’, sondern nur um das ,wie’“, so Schmutz, der zwei Gründe aufführte, warum ein Umdenken notwendig ist: zum einen der steigende Strombedarf, zum anderen die dringend notwendige Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern.

In Ladenburg habe sich in den letzten Monaten einiges getan. Auf dem Dach der Speditionsfirma Neska in der Guilinistraße ist eine Vier-Megawatt-Anlage entstanden, und die Großwäscherei Witteler in der Industriestraße nimmt demnächst eine Ein-Megawatt-Anlage in Betrieb. Das Dach des städtischen Bauhofs wurde mit einer PV-Anlage ausgestattet, damit die städtischen E-Fahrzeuge mit Strom versorgt werden können. Als „revolutionär“ bezeichnete Bürgermeister Schmutz die Idee der Stadt Ladenburg, schon vor 15 Jahren Bürger-Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern der Merian-Realschule und des Carl-Benz-Gymnasiums zu installieren.

Große PV-Anlagen sind außerdem auf den Dächern der Reitanlage des Pferdesportvereins und auf der neuen Dreifeldsporthalle im Römerstadion geplant, die 2024 in Betrieb gehen wird. Bei der Bestückung der öffentlichen Flächen ist übrigens die Heidelberger Energiegenossenschaft (HEG) im Boot. Die beiden PV-Experten Rüdiger Rowold (HEG) und Philip Habel (KLiBA) waren sich jedenfalls einig, dass es für eine Kommune am sinnvollsten ist, erst die großen Flächen auf öffentlichen Gebäuden mit Anlagen zu bestücken. Und wenn Unternehmen in einer Stadt auch ihre Fläche einbeziehen, was in Ladenburg vorbildlich klappe, dann werde daraus ein Schuh. Doch auch das Interesse der Hauseigentümer, auf ihren Liegenschaften PV-Anlagen zu installieren, ist in Ladenburg riesengroß.

Über 100 Interessierte kamen in den Domhof, um den Fachvortrag der Experten anzuhören, der von der Umweltbeauftragten im Rathaus, Anna Struve, organisiert wurde. Für die beiden Moderatoren vom Deutschen Institut für Urbanistik, Björn Weber und Paul Ratz, war das Ergebnis einer Spontan-Umfrage nicht überraschend. Über 80 Prozent der Veranstaltungsteilnehmer wollen schnellstmöglich in eine PV-Anlage investieren.

Diese Anlagen rechnen sich ab dem Tag der Installation – und besonders dann, wenn der produzierte Strom selbst genutzt wird. Aber die Experten mussten auch ein wenig Wasser in den Wein kippen: Derzeit gibt es große Lieferengpässe. Die Module sind momentan kaum zu bekommen, und wenn in die stromerzeugende Anlage noch ein Pufferspeicher eingeplant wird, dann sind Umsetzungszeiten von über einem Jahr leider die Normalität. Zudem sind die Auftragsbücher der Installateure voll, sodass die schnelle Projektumsetzung eher Wunschdenken ist. Zudem gibt es in Ladenburg eine Besonderheit: In der Altstadtsatzung wird nämlich geregelt, dass keine PV-Anlagen im Kernbereich der Stadt installiert werden dürfen. Das neue Landesenergie-Gesetz von Baden-Württemberg schreibt ab 2023 vor, dass bei Dachsanierungen 60 Prozent der Dachfläche mit PV-Modulen bestückt werden müssen. Es gibt aber auch Befreiungen, und die werden für Gebäude in historischen Altstädten angewendet. Die Altstadtsatzung in Ladenburg steht in diesem Fall tatsächlich über den Vorgaben des Landesgesetzes. Es müsste daher eine Änderung von den Ratsmitgliedern beschlossen werden.

Es gibt aber technische Möglichkeiten, auch auf Altstadtdächern Strom mittels PV-Anlagen zu erzeugen. Es wurde ein foliierter Dachziegel entwickelt, in dem die Module in einer kaum sichtbaren Weise integriert sind. Die Investitionssumme sei aber doppelt so hoch wie bei Standard-PV-Anlagen, sagten die Experten. Die zeigten sich davon überzeugt, dass schon in wenigen Jahren technische Weiterentwicklungen dafür sorgen werden, die Problematik zu lösen. Kommunen mit historischen Altstädten befinden sich daher in einer Zwickmühle. Auch die Experten finden es eher problematisch, wenn historische Gebäude mit Modulfeldern bestückt werden.

Im Domhof wurden aber auch Fragen zu genossenschaftlichen Gemeinschaftsanlagen beantwortet. Wer selbst kein eigenes Haus besitzt, kann in Gemeinschaftsanlagen investieren. Die Umsetzung übernehmen Stromerzeuger oder zum Beispiel die Heidelberger Energiegenossenschaft. Eine unterstützende Möglichkeit, um die Stromkosten zu senken, sind genehmigungsfreie Balkon-PV-Anlagen. Die Mini-PV-Anlagen werden am Balkon oder auf einem Garagendach montiert. Der erzeugte Strom wird direkt ins Netz eingespeist. Dadurch kann der Strombedarf für den Kühlschrank, die PC-Ladestation und für Kleingeräte gedeckt werden.

Kontakt Photovoltaik-Beratungen:

Stadt Ladenburg Anne Struve, Fon: 06203 70149, anne.struve@ladenburg.de, KLiBA, Fon: 06221 99875-36, pv@kliba-heidelberg.de.

© RNZ | 4. Juni 2022