„Müssen unsere Bemühungen intensivieren“

Rhein-Neckar-Kreis schreibt Klimaschutzkonzept fort und setzt sich ambitionierte Ziele

Angelbachtal/Rhein-Neckar. In großer Einigkeit hat der Kreistag in der letzten Sitzung des Jahres ein neues Klimaschutzkonzept verabschiedet. Es soll den Rhein-Neckar-Kreis dabei unterstützen, die Treibhausgasemissionen rasch herunterzufahren und seinen Teil zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens beizutragen.

Während die Kreisverwaltung bis 2035 „klimaneutral“ werden soll, will der „Konzern“ Kreis auch außerhalb seines direkten Einflussbereiches verstärkt Verantwortung übernehmen. In Zusammenarbeit mit den kreisangehörigen Kommunen und im Einklang mit den Klimaschutzzielen des Landes strebt er für den Rhein-Neckar-Kreis insgesamt die Netto-Treibhausgasneutralität bis 2040 an. Das Klimaschutzkonzept umfasst zehn Handlungsfelder mit 68 Maßnahmen. Für die Umsetzung stehen aktuell 2,5 Millionen Euro zur Verfügung, ein Förderantrag für zwei Personalstellen „Klimaneutrale Kommunalverwaltung“ ist beim Land gestellt. Über das Qualitätsmanagement- und Zertifizierungsverfahren European Energy Award (EEA) steht im Frühjahr ein externes Audit an.

Bei der Einbringung sprach Landrat Stefan Dallinger von einem „klaren Bekenntnis zum 1,5-Grad-Ziel“. „Wir wollen den Blick weiten und auch die Zivilgesellschaft und die Unternehmen in den Blick nehmen“, sagte er. Im Zuge der Bürgerbeteiligung habe der Kreis 5000 Hinweise und Anregungen aus der Bürgerschaft erhalten und bewertet.

Die große Resonanz zeige, dass es richtig war, die Bürger zu beteiligen, sagte Manuel Just (CDU). Bei positiver Veränderung der Rahmenbedingungen auf Bundes- und Landesebene sei es möglich, die ambitionierten Ziele zu erreichen, zeigte er sich zuversichtlich. Er freute sich über „den ein oder anderen wertvollen Impuls“ aus der Bürgerschaft und setzte auf die Bereitschaft von Wirtschaft und Gesamtgesellschaft. „Wir brauchen alle und wir brauchen jeden“, betonte er und machte zugleich deutlich: „Es ist unzweifelhaft, dass wir unsere Bemühungen intensivieren müssen.“

„Klimaschutz wird in Megawattstunde erzeugtem Grünen Strom, in Hektar an geschonten Flächen und in Tonnen eingespartem CO2 gemessen“, betonte Stefan Geißler (Grüne). Beim Umstieg von den fossilen zu den erneuerbaren Energien gehöre der Rhein-Neckar-Kreis zu den Nachzüglern. Die Frage, wie viel erneuerbarer Strom künftig durch Fotovoltaik, Geothermie und Windenergie erzeugt werden soll, werde mit Verweis auf die zu erstellende Potenzialstudie weiter vertagt. Wenn im Frühjahr das Ergebnis vorliegt, sollten den Worten Taten folgen.

„’Weiter so’ ist keine Option“, merkte John Ehret (Freie Wähler) an, der die Verringerung des CO2-Ausstoßes als Schlüsselaufgabe bezeichnete. Er lobte die Fortschreibung der Radwegekonzeption und die noch junge Stabsstelle Mobilität und Luftreinhaltung, die unter Einbeziehung aller Verkehrsträger konkrete Maßnahmen auf Grundlage der strategischen Mobilitätsplanung erarbeitet. Mit der internen Organisation der Aufgaben und der Verzahnung mit den Prozessen des EEA sieht er den Kreis gut aufgestellt.

„Die Ziele sind ambitioniert, wenn man bedenkt, dass eine Reduktion der Treibhausgase bisher nicht stattgefunden hat“, bemerkte Brigitta Martens-Aly (SPD). Sie begrüßte, dass Land- und Forstwirtschaft erstmals in die Betrachtung einbezogen werden. Dem Masterplan Mobilität sehe sie gespannt entgegen, ebenso der Potenzialstudie für die Erneuerbaren Energien. „Hier brauchen wir dringend einen Zuwachs im Kreis.“ Ob die Maßnahmen den Zielen gerecht werden, müsse sich zeigen.

Dem „Mammutprojekt“ könne seine Fraktion mehrheitlich zustimmen, sagte Ralf Jochen Meyer (AfD). Klimaschutz sollte bezahlbar bleiben, forderte er. Er kritisierte den hohen Flächenverbrauch für Siedlungs- und Verkehrsflächen, befürwortete den schnelleren Ausbau der Fotovoltaik auf versiegelten Flächen und forderte die Intensivierung von Klimaanpassungsmaßnahmen.

Das erste Klimaschutzkonzept (2010 bis 2019) habe sich bewährt, bemerkte Dietrich Herold (FDP) und begrüßte die Fortschreibung ausdrücklich. Er betonte die Verantwortung und die Vorbildfunktion, die der einwohnerstärkste Kreis Baden-Württembergs aufgrund seiner Möglichkeiten habe. Es gelte nun, in den Kommunen und der Bürgerschaft für das Konzept zu werben.

Für Edgar Wunder (Die Linke) hat das Feedback der Bürgerbeteiligung gezeigt, wie viel Expertenwissen vorhanden ist. Er sprach sich für einen dauerhaften „Runden Tisch“ aus, um auch zwischen den alle zwei Jahre geplanten Klimaschutzkonferenzen Kompetenzen von außen einzubeziehen. Keine Mehrheit fand der Antrag seiner Fraktion, im Haushalt 300 000 Euro bereitzustellen, damit Gemeinden bei Bedarf die Kosten der Teilnahme am EEA-Verfahren erstatten bekommen. Mit nur einer Enthaltung stimmte der Kreistag der Fortschreibung des Klimaschutzkonzepts zu. Von Sabine Hebbelmann

© Rhein-Neckar Zeitung | Region Heidelberg | 18. Dezember 2021